Mit Open Source lesen: KOReader (Einführung)
Wer sich die herstellereigenen Leseprogramme auf den verschiedenen E-Readern (Kobo/Tolino, PocketBook, Amazon) anschaut, wird – abhängig von den eigenen Ansprüchen – früher oder später feststellen, dass sie ihre individuellen Stärken und Schwächen haben und keines davon alle Erwartungen erfüllt.
Liest man auf einem Kobo-Gerät etwa EPUBs, stellt man mitunter fest, dass die Software modernere Inhalte (EPUB3) nur unzureichend unterstützt. Das liegt auch daran, dass Kobo die entsprechende Komponente (die Adobe Engine) nie wirklich aktualisiert hat. Liest man hingegen KEPUBs (bei denen die Kobo-eigene Engine zum Einsatz kommt), so muss man eine weniger ausgefeilte Typographie in Kauf nehmen und auf Ligaturen oder Kerning verzichten.
Bei den Kindles hat man von vornherein nur sehr begrenzte Möglichkeiten, das Erscheinungsbild eines E-Books zu beeinflussen. Und auch die PocketBooks haben so ihre Eigenheiten. Mehrmals ist mir aufgefallen, dass etwa bei Kursivschrift nicht die von mir festgelegte Schriftart verwendet wird, sondern eine andere im E-Book CSS hinterlegte. Jedenfalls, so ganz recht kann es einem keiner der Hersteller machen.
Wenn man sich beim Lesen auf DRM-freie Inhalte beschränkt, gibt es jedoch Licht am Horizont. Der KOReader (Kindle/Kobo Open Reader) ist ein Open Source Programm, das mit einer unglaublichen Funktionsfülle und Konfigurierbarkeit aufwartet und sich – anders als der Name vermuten lässt – auf den verschiedensten Geräten installieren lässt. Auf die genaue Vorgehensweise zur Installation, die je nach E-Reader unterschiedlich ist, soll hier nicht weiter eingegangen werden; hierzu gibt es genaue Anleitungen im Github-Wiki. Bei Problemen steht die Community gerne mit Rat und Tat zur Seite, wie etwa im MobileRead-Forum.
An dieser Stelle möchte ich zunächst nur einige Vorteile (und Nachteile) des KOReaders aufführen. In späteren Artikeln soll dann auf Details eingegangen werden, etwa wie und wo was einzustellen ist, damit man einen gewünschten Effekt erhält.
Vorteile des KOReaders
Hervorragendes Schriftbild.
Der KOReader holt das typographisch Beste aus einem E-Book heraus. Man darf sich nicht nur an Ligaturen und Kerning erfreuen, man kann dafür sogar noch aus verschiedenen Optionen wählen (siehe Screenshot).
Portabel. Obwohl KOReader zunächst nur für Kindle- und dann Kobo-Geräte gedacht war, läuft er mittlerweile auch auf vielen weiteren Plattformen: Auf embedded Geräten (Cervantes, Kindle, Kobo, PocketBook, reMarkable), Android und Linux Computern.
Nachschlagen leicht gemacht. Wörter lassen sich einfach in beliebigen StarDict-Wörterbüchern nachschlagen. Oder man ruft gleich ganze Wikipedia-Artikel online auf. Vokabeln aus fremdsprachigen Büchern kann man sich mit einem eingebauten Vokabeltrainer einprägen.
"Richtige" Fußnoten. Meines Wissens nach ist es nur mit KOReader möglich, dass man richtige Fußnoten haben kann. Diese werden also gleich unten auf der aktuellen Seite angezeigt. Das Hin- und Herspringen über Verlinkungen nach hinten im Buch gehört damit der Vergangenheit an.
Erweiterbar. Es existieren eine ganze Reihe von standardmäßig mitgelieferten Plugins, die die Funktionalität des KOReaders erweitern. Um nur eine kleine Auswahl zu nennen:
- Anbindung an Calibre (Wireless-Device)
- Abrufen von OPDS-Inhalten
- Lesestatistiken
- Synchronisation der Lesestände
- Reduktion des Blauanteils der Beleuchtung abhängig vom Sonnenstand
- …
Nachteile des KOReaders
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das gilt auch für den KOReader. So ist es wohl der schieren Funktionsfülle geschuldet, dass einen die Menüs und Untermenüs geradezu erschlagen können. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, obwohl man doch gestern noch die Option X gefunden hat. Mancher Menüpunkt taucht auch nur auf, wenn man ein Buch geöffnet hat.
Ein anderer Punkt ist das Erscheinungsbild. Der KOReader versteht es zwar, ein E-Book maximal ansprechend darzustellen, doch das eigene Aussehen ist doch eher funktional-pragmatisch gehalten. So richtig hübsch sieht die eigene Oberfläche einfach nicht aus.
Auch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass man E-Books mit hartem DRM grundsätzlich nicht mit dem KOReader lesen kann. Auch für Bücher aus der Onleihe muss man auf die herstellereigene Lesesoftware zurückgreifen. KOReader jedenfalls kann weder mit Adobe DRM noch mit LCP/CARE umgehen.
Ausblick
Da der KOReader ein komplexes Programm ist, werde ich in weiteren, kurzen Artikeln einzelne Funktionen und Einstellungen herauspicken und etwas genauer betrachten bzw. die entsprechenden Einstellungen beschreiben.